Quintona Einführung
Abstract
Für den Freien Sender Berlin nahm 1966 Ernst Krenek ein paar einführenden Worte zu seiner elektronischen Komposition “Quintona”, op. 190 auf. Darin geht er auch ausführlich auf die technischen Aspekte des Komponierens mit elektronischen Klängen ein.
Aus biographischer Perspektive ist außerdem interessant, dass Krenek sich ungefähr zur selben Zeit mit der Einrichtung eines privaten Studios beschäftigte, dessen Herzstück sein „Buchla“-Synthesizer der Serie 100 werden sollte. In der Radiosendung zeigt er gerade an der technischen Weiterentwicklung der Synthesizer von den Vakuumröhren zu Transistoren besonderes Interesse, weil diese auf viel kleinerem Raum unterzubringen sind, und weitere Vorteile haben, die dadurch für ein Privatstudio geeignet machen.
SFB
Das elektronische Werk, das hier vorgeführt
wird, habe ich im Winter 1965 im Studio der
Brandeis Universität in der Nähe von
Wesentliche Fortschritte in dieser Art elektro- nischer Musikproduktion wurden durch den Über- gang von den an sich schon sehr kleinen Vakuum- röhrchen auf die winzigen Dimensionen der Trans- istoren ermöglicht. Der Inginieur, der das Brandeis
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Studio entworfen hat, ist jetzt in technische Verbesserungen haben dazu ge-
führt, eine Apparatur zu entwickeln, an der der
elektronische Komponist ganz besonders inter-
essiert ist. Sie ist einfach zu bedienen
und instand zu halten, in einem häuslichen Studio-
raum leicht unterzubringen, äußerst leistungs-
fähig und vor allem nicht unerschwinglich.
Das ist eine wesentliche Errungenschaft für
den ist oder nicht willens ist,weder Zeit noch Lust hat,Bestrebungen dieser Installationen
in verschiedenen Stadien der Vollendung.
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Die Computer Komposition unterscheidet sich
von den älteren Methoden vor allem dadurch, daß
die Klänge nicht durch Frequenzgeneratoren erzeugt
werden. Die Musik muß zunächst in der dem Com-
puter verständlichen binarischen Symbolsprache auf
IBM Karten dargestellt werden, was mit Hilfe einer
Art Schreibmaschine gemacht wird. Ferner muß ein
weitläufiges Programm entworfen werden, das die Ma-
schine darüber belehrt, wie die auf den Karten ver-
zeichnete Instruktion zu verstehen ist, welche Opera-
tionen die verschiedenen Zahlenkombinationen an-
zeigen, welche Parameter sie betreffen, u. s. f. Wenn
nun die Karten durch den Computer laufen, speichert
dieser die erhaltenen Befehle als elektronische
Impulse auf einem magnetischen Band auf. Dieses
muß dann durch einen speziell dafür konstruierten
Umformer laufen, der diese sozusagen abstrakten
Impulse in die zur eigentlichen Klangerzeugung
notwendigen Partikelkonstellationen des Tonbandes
verwandelt.
Was immer die Vorteile dieses Verfahrens sein
mögen, einer der wesentlichen Nachteile besteht darin
daß der Komponist die geplanten Klänge erst hört
wenn sie auf dem als Endprodukt eines ungeheuer
komplizierten Arbeitsganges erscheinenden Tonband
aufgezeichnet sind. Will er dann etwas korrigieren
so muß er so und so viele seiner IBM Karten (deren
es für eine kurze Strecke Musik ein paar tausend gibt)
austauschen und von vorn anfangen. Auch ist die
Herstellung eines Programms für den Computer eine
ungeheuer langwierige und mühselige Arbeit. Im
übrigen ist mir bisher nicht aufgefallen, daß die so
geschaffene Klangwelt sich von der mit den
älteren Methoden zugänglichen wesentlich unterscheidet,
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Meine elektronische Komposition hat den Titel
Quintona, eine willkürliche Variante des ebenso fik-
tiven Titels
. Damit hat es folgende Bewandtnis: Während ich an dem elektronischen Stück arbeitete, war ich auch mit einem anderen Projekt befaßt, nämlich einem Stück für Singstimme, deren KlanghintergrundQuintina
. So wie meine ersteQuintina
ein philosophisches Gedicht; es befaßt sich mit der Beziehung von Musik und Sprache. Es sei noch erwähnt,Quintina
genannt.Quintona
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Die musikalische Gestaltung der Quintona
folgt keinem seriellen Plan. Während das elektronische
Medium in seinen Anfängen eine ganz besonders
strenge Festlegung aller meßbaren Größen zu er-
möglichen und nahezulegen schien, bin ich später
zu der Auffassung gelangt, daß es ungünstig wäre,
die sich oft während der Arbeit mit den klang-
erzeugenden Mitteln ergebenden unvorhergesehenen
und unvorhersehbaren Klangphänomene durch
zu starre Festlegungen im Voraus auszuschließen.
Gerade das elektronische Komponieren ermöglicht
einen anderswie nicht zu erreichenden Grad der
Freiheit der Erfindung. Wenn Partitur und Stimmen
eines Orchesterwerks vorliegen, ist es unmöglich, in
einer
Das Gesamtkonzept der Form der Quintona
lag natürlich vor, bevor die Arbeit begann.
Dann wurden die Klangelemente für die Angel-
punkte dieser Form geschaffen, und danach
ging es an das allmähliche Ausfüllen der Ein-
zelheiten in dem sich nach und nach verengenden
Rahmen. Ich denke mir, daß diese Methode einiger-
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maßen mit der Arbeitsweise des Malers ver- glichen werden kann.
Das Stück beginnt mit einer Art Einleitung, in
der ein Vierton- oder Vierklangmotiv exponiert
wird, das dann die Angelpunkte der Form ver-
knüpft. Es eine Art Ein paar
Akkorde über weißem Rauschen führen zum ersten
Höhepunkt. Diesem folgt ein ruhig gedehnter Ab-
schnitt mit Akkorden Klo Kettenen Quintona Musik haben ungefähr,
einhundert Stunden Arbeitszeit erfordert.