[Text mit allgemeinen Konzepten über Kontrapunkt, Komposition (musikalischen Formen) und Instrumentation (Orchestrierung) mit musikalischen Beispielen]
Abstract
Als Krenek von 1939 bis 1942 am Vassar College in Poughkeepsie der Nähe von New York lehrte, war dies eine an humanistischen Bildungsidealen ausgerichtete höhere Bildungseinrichtung für junge Frauen aus überwiegend wohlhabenden Familien. Musik sollte in diesem Curriculum vor allem zu einem vertieften Kunst- und Kulturverständnis führen und vor allem auf das Repertoire des 18. und 19. Jahrhunderts fokussieren.
Ernst Kreneks Unterlagen zeigen eine überraschend umfassende Einführung in das kompositorische Handwerk, von Kontrapunkt und Formenlehre bis zu Instrumentation.
2 Stimmiger Satz. Eintritt in 8 und 5 nur in Seiten- oder Gegen-
bewegung. Dissonanzen nur im Durchgang. Entfernung
der Stimmen nur bis zu 8. Melodieführung: Sext Gattung Note gegen Note
2. Gattung 2 Noten gegen eine
3. Gattung 4 Noten gegen eine. Cambiata (Abspringen von
einer Dissonanz, die stufenweise eingeführt wurde, indem
man den auf sie folgenden Ton überspringt und vom
nächsthöheren auf den dissonierenden stufenweise
zurückkehrt, wobei dieser durch fortschreiten des c.f.
Konsonanz sein muß. Gattung Synkopen (Diss. auf den guten Taktteil, am
vorhergehenden schlechten vorbereitet, am nachfol =
genden schlechten aufgelöst.) Dissonanzen mit
Auflösung: Oberstimme: 4 zu 3, 7 zu 6, 9 zu 8 (d. Gegenbew.)
Unterstimme: 2 zu 3 od. 10, 4 zu 5
Verzögerung der Auflösung duch Sprung in
ein tieferliegendes, konsonierendes Intervall (5 oder
3 = Sprung, 2 kleine Wechselnoten)
5. Gattung: Gemischter Kop.
3stimmiger Satz: auf den 1. Taktteil nur Dreiklänge
oder Sextakkorde, manchmal mit Verdopp-
lung eines Tones. Die tiefste Stimme kann sich
von der in Außenstimmen verboten, sonst muß
die 3. Stimme in Gegenbewegung sein.
Liegt bei Gattungen I- III wie oben
4. Gattung: Synkopen.
5. Gattung wie oben. (gemischt in beiden Stimmen)
4 stimmiger Satz wie oben
Imitationen Eine kurze Phrase oder ein Motiv
wird in einer anderen Stimme imitiert, wobei eine
dritte Stimme den c. f. bringt. Während der
Imitation durch die andere Stimme begleitet
die erste frei.
Doppelter Kontrapunkt der Oktave.
Keine Nonenvorhalte! Stimmen dürfen nicht
über 8 von einander entfernt sein. 5 gilt als
Dissonanz weil sie in der Umkehrung zur 4 wird.
Die Oktav wird wie der Einklang behandet (Gegen
u. Seitenbewegung) Kreuzung der Stimmen ver-
boten.
Doppelter Kontrapunkt der Dezime.
Wenn man Parallelbewegungen vermei-
det kann man jeder Oberstimme untere, jeder
Unterstimme obere 10 mitgeben. Man muß obere
4-Vorhalte vermeiden, weil sie in der Um-
kehrung zu verkehrten 7-Vorhalten werden.
Fugen. Thema kann real Form. Exposition
Zwischenspiel (Sequenz) Abschluß V.
I. Durchführung (event. Engführung)
Zwischenspiel (Abschl III)
II. Durchführung (evenzuell noch
enger geführt)
Doppelfuge
I. Thema Exposition, eine Engführung
Abschluß auf I od. V.
II. Thema (gleich mit einer 2. Stimme)
Exposition, event auch Engführung
Beide Themen zusammen, event. ein 3. Thema
Moderner Satz
In der Melodie Sprünge jeder Art ge-
stattet. Bei Sprüngen in dissonierende In-
tervalle empfiehlt sich die Auflösung
in der Melodie. Chromatik jeder Art ge-
stattet (Durchgangschromatik [zu Alterations
zwecken], Modulationschromatik) Rhythmik
frei. Harmonik. Jeder Vorhalt kann frei
eintreten. Jede Dissonanz muß aufgelöst
werden. Der Verzögerung der Auflösung
und der n, inberondere
kleinen 7 oder 9 nach aufwärts ist gewöhnlich
nur eine verzögerte Auflösung, d.h. sie wird
später doch abwärts geführt. Wechselnoten
können mitunter nur v. einer Seite
eingeschlossen sein.
Fuge Abschlüsse auf beliebigen Stufen.
Stetige Modulation, d. h. Tonart immer
neu feststellen und wieder sofort wegmo-
dulieren.
Komposition
I. Kleine Formen: 1) Achttaktige (sechzehntaktige) Periode
a) Vordersatz: Setzung eines Gedankens, Halb- oder Ganz-
schluß auf Tonika oder Dominante.
b) Nachsatz: Erfüllung, Abschluß wie oben.
2) Zweiteilige Liedform besteht aus 2 Perioden.
a) 1. Periode: Entwicklung. Schließt auf der Dominan-
te.
b) 2. Periode: Weniger selbständig, kontrastiert gegen
die 1. Periode, bringt aber wie oben eine Art
Erfüllung. Schließt auf der Tonika.
3) Dreiteilige Liedform. 3 Perioden.
a) 1. Periode wie oben
b) 2. Periode wie oben schließt mit einem Übergang in
den 1. Teil
c) Wiederholung des 1. Teiles mit Ganzschluß auf der Tonika
4) Mischform Länge wie zweiteilige L.
a) 1. Periode wie oben
b) 2. Periode wie nur zur Hälfte entwickelt
c) 2. Hälfte der 2. Periode bringt 1. oder 2. Hälfte der
1. Periode mit Ganzschluß auf der Tonika.
II. Alte Tänze: 1) Menuett 3/4 Takt bei Bach ohne, bei Späteren
mit Auftakt. Gravitätische Bässe, altväterisch
3 teilige Form.
2) Sarabande 3/4 Takt, schwärmersich, ausdrucksvoll
Stehenbleiben auf dem 2. Viertel Gavotte 4/4 Takt [alla breve])Musette (Trio der Gavotte) rhythmische Bildung
ähnlich (Auftakt!), durchgängiger Orgel-
punkt, schalmeiartiger, bukolischer Cha-
rakter.
4) Gigue. Fugierter Anfang in allen Stimmen, fugierter
Beginn des Mittelteiles mit der Umkeh-
rung des Themas.
III. Variationen. 1) formal: Das Thema bleibt erhalten, wird
nur irgendwie figuriert (melodisch: Die Harmoniefolgen des Themas
werden in erkennbaren Zügen festgehalten
(Abschlüsse auf den gleichen Stufen, charakte-
ristische modulatorische Wendungen)
3) harmonisch: Die Melodieschritte des Themas
werden in deutlichen Zügen festgehalten,
Harmoniefolge variiert.
4) Variation der Struktur: Vom Thema bleibt
nur die charakteristische Struktur übrig,
z. B. im Thema: 8 takt. Periode - Abschluß.
Sequenz. v. 8 Takten aufwärts, 8 takt. Periode
Abschluß.
ne 8takt. Per., eine abwärtssteigende Sequenz, und
wieder eine andere Periode.
Eigentümlichkeiten Regers: Ganz freie Variationen
bringen oft wörtliche, nur rhythmisch u. harmonisch
ganz verschobene Zitate aus dem Thema. Manche Va-
riationen beginnen erst im Verlauf das Thema zu
variieren, sie fangen mit einer ganz freien Phan-
tasie an, die die Stimmung für die ganze Varia-
tion fertlegt. (
IV. Scherzo: 3 teilige Form, in einander geschachtelt
1) Scherzo a) 3 teilige Liedform, meist erweiterte
Periode. Die Erweiterung geschieht durch ein
etwa im letzten realen Takt angebahntes cha-
rakteristisches Motiv, dann Abschluß.
b) Durchführung (statt Mittelteil) beginnt mit
dem charakteristischen Schlußmotiv oder schafft
sich ein „Durchführungsmotiv“. Dann verarbeitet
sie entweder gegebene Motivteile durch Gegen-
überstellung, in der ein Motiv die Oberhand
behält und die Steigerung ausmacht, in-
dem es stets weiter verkleinert und rhythmisch
zusammengedrängt wird, oder sie bringt ganz
neues Material, das ähnlich behandelt wird.
c) Wiederholung des 1. Teiles mit eventuell
erweitertem Abschluß.
2) Trio eventuell mit Einleitung, die aus dem
Scherzo überleitet. Kontrastierend ein Cha-
rakter. 3 teilige Liedform. Eventuelle Überlei-
tung in den Anfang des Scherzos.
3) Scherzo da capo eventuell mit Coda,
die den Schluß übermals erweitert und
eine Reminiszenz an das Trio bringt.
V. Kleine Rondoform: a) 3 teilige Liedform mit Abschluß
nach dem 1. Teil und vollem Ausklingen
nach dem 3. Teil (eventuell)
b) freie Phantasie mit Steigerung
und Rückführung zum 1. Teil.
c) Wiederholung des 1. Teils, erwei-
tert und mit Reminiszenz an den Mittel-
teil (event.)
Anm. ist der Mittelteil im gleichen
Tempo und Charakter wie der langsame
1. Teil (Adagio - Andante - Moderato),
so liegt die normale Form eines lang-
samen Sonatensatzes vor.
Ist der Mittelteil stark kontra-
stierend, marschartig, scherzomäßig oder dgl.
so entstehen charakteristische Formen wie In-
termezzo, Romanze, Ballade u. dgl.
Bei Fehlen eines Scherzos kann auch
im langsamen Sonatensatz ein scherzoartiger
Mittelteil eintreten (
VI. Große Rondoform 3 Themen.
1) Dreiteilige oder zweiteilige Liedform.
Überleitung, die das Thema weiterleitet.
2) Kontrastierendes Thema
3) wie 1) eventuell verkürzt.
4) Drittes Thema, nicht ganz so selbständig, kann
den Charakter eines Durchführungsthemas
haben.
5) wie 1), eventuell durchführungsartig.
6) wie 2)
7) wie 1) in einer ganz fremden Tonart
8) Abschluß mit 1) in der Haupttonart, even-
tuell mit Reminiszenzen.
VII Sonatenform Dramatisches Gleichnis: Exposition
[1-2], Erregendes Moment [3], Kampf [4] Lösung
[Reprise]
1) 1. Thema, aus kontrastierenden Gruppen.
Erweiterte Perioden, Sätze etc.
Aufrollung der Periode mit Hilfe eines cha-
rakteristischen Schlußmotivs in eine
Überleitung, die neues Material bringen kann,
aber gegenüber dem 1. Thema unselbständig ist.
Sie schließt mit einer Einführung des 2.
Themas: [fermata],
ohne seinen Bau zu zerstören, rasch in andere
Stimmungsbereiche führt. Unmerklich
InstrumentationI.
Holzbläser
1) Flöte [trill], Mischungen: Mit den Streichinstrumenten leidlich
Daher am besten 3 Flöten, weil man dann Drei-
klänge in der Flötenklangfarbe hat. Die tiefe
Lage mischt sich mit dem Fagott sehr gut.
Kleine Flöte 8va höher, die höchsten Töne klingen
nicht gut. Kein ff vorschreiben! Immer eine
Nuance weniger als die anderen Instru-
mente. In der tiefen Lage sehr schön, zittriger,
ängstlicher Klang.
Baritonflöte 8va tiefer, keine hohen Lagen vor-
schreiben
2) Oboen
lassen sich selbst Dreiklangswirkungen in der
Trompetenfarbe erzielen. Mischung mit Klarinetten und Fagott sehr gut
Dämpfen durch Verhüllen des Schallbechers.
3) Fagott Auch in der hohen
Lage schöner Klang. Kein Bassinstrument
p nicht sehr gut. Mischung mit den Hörnern
bis zur Imitation. (statt 4 Hr. kann man 2 Hr.
+ 2 Fag. Kontrafagott 8va tiefer
4) Klarinetten in A u. B. Jene freundlicher, diese
weicher im Klang
[trill],in Es u. D.
in C sehr ordinär
Baßklarinette in B Bassethorn =F=Klarinette.
Blechbläser
1.) Hörner ursprünglich Naturhorn, dem die diatonische
Skala zur Verfügung steht. Die andern Töne durch Stopfen
andere Tonarten durch Aufsetzen von Bögen, die die
schwingende Luftsäule verlängern. Dann Ventilhorn
C, H u. B Horn hoch und tief
die anderen nur in einer Art.
[G-clef] transponiert abw.
transp. aufwärts[F-clef]
Sehr beweglich [trill],
Dämpfen:Leises Aus blasen mp, mf zarte Behandlung (mit der Hand, mit
einem Tuch. Stopfen Dämpfer
ganz leise (mit Holzkeil) Fernwirkungen, gehemmnisvolle
Töne. Mitgehende Streicher bekommen einen glänzenden
Ton. Schalltrichter hoch (sehr laut) auch Flatterzunge.
Nicht sehr polyphon schreiben. Kompakt oder solistisch.
Immer in F notieren. Gedämpfte Töne klingen einen
halben oder ganzen Ton höher, wird aber nicht berück-
sichtigt, so das der Bläser transponieren muß.
2) Trompeten ged.
existiert nicht!
Mit Dämpferähnlich wie beim Horn. Grundtöne der Harmonien markieren, schmettern- de Wirkungen.
, =[G-clef]
.[F-clef]
3) Posaunen 1-2. Tenorschl., 3 u. Tb. [F-clef]
Tenorpos.
Baßtuba (mit Hornmundstück [Wagnertuben] Tenor in B, Baß in F)
Schlagwerk
Triangel einzel oder Trommel 1) gr. u. Becken (pp unheiml., Vorsicht!)
Becken normal zusam-
Tamtam einzeln oder Wirbel.
Tamburin kurzen Wirbel (Glocken Glockenspiel (Klavier, Pyramiden) okt. tiefer notiert
Kastagnetten (mindest. 2. Paar.)
Pauke 2 Paare (2 Spieler) oder 3 Stück.
[trill] od.
Xylophon(!!)
Hfe. einer Celesta okt tiefer notieren!
Streicher
Streicher Tremolo nicht sehr gut, zu primitiv (außer in be- sonderer Fällen) lieber verschiedenartige Figuren u. Passagen. Hfe. u Schlagwerk mit Vorsicht zu gebrauchen. Pke nicht vernachlässigen! Gibt dem Orchester Halt und Rhythmus.