Online-Jubiläumkonzert

120 Jahre Ernst Krenek - 250 Jahre Ludwig van Beethoven

Herzlich Willkommen zu unserem online Jubiläumskonzert zum 120. Geburtstag von Ernst Krenek und zum 250. Geburtstag von Ludwig van Beethoven.

Corona-bedingt konnte das Konzert am 5. November 2020 in der Minoritenkirche Krems leider nicht mit Publikum stattfinden. Wir freuen uns aber sehr, Ihnen nun dieses online Konzert präsentieren zu dürfen. Bis 31. Dezember 2020 haben Sie Zeit zwei außergewöhnliche Streichquartette der beiden Jubilare zu hören.
 

Programm

Begrüßung
Martina Pröll, Alethea Neubauer und Clemens Zoidl
Leitungskollegium der Ernst Krenek Institut Privatstiftung

Grußworte
Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister in Vertretung von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner

Konzert
Ernst Krenek
Streichquartett Nr. 7, op. 96

Ludwig van Beethoven
Streichquartett Nr. 12, op. 127

Online-Konzert

Das Konzert ist leider nicht mehr verfügbar.

Mit freundlicher Genehmigung von Universal Edition und G. Henle Verlag und mit freundlicher Unterstützung durch das Land Niederösterreich und das Bundesministerium für Kunst, Kultur, Öffentlicher Dienst und Sport.

Konzerteinführung

„Die Dignität des Komponierens als Manifestation der einfachen Menschenwürde“

Hören im Kopf
120 Jahre liegt Kreneks Geburtstag zurück und 120 Jahre trennen auch die beiden in diesem Konzertprogramm gegenübergestellten Streichquartette. 120 Jahre Musikgeschichte schlagen sich in einer deutlich hörbaren klangästhetischen Distanz nieder – zumindest mag dies im ersten Eindruck so sein. Dabei gibt es eine größere Nähe der beiden Komponisten als man zunächst annehmen würde.
Krenek hat sich in mehreren seiner Streichquartette (so auch im 7.) direkt auf Beethoven bezogen und auch in Vorträgen und Aufsätzen dessen Werke analysiert. Gerade eine bestimmte handwerkliche Idee in Beethovens späten Streichquartetten verstand Krenek als Vision, die sich erst in der Zwölftonkomposition verwirklichen sollte. Und selbst Kreneks Verständnis des Komponierens als kreativen Akt zeigt große Übereinstimmung mit dem 130 Jahre älteren Kollegen.
Eine scheinbar oberflächliche Ähnlichkeit liegt darin, dass beide Komponisten bei der Schöpfung ihrer Werke keinen Gebrauch von äußeren Höreindrücken machten. Es wäre leicht dies im Fall Beethovens als unfreiwillige Bedingung seiner Taubheit zu verstehen, doch wie Krenek 1953 in einem Vortrag zum kreativen Arbeiten in der Musik betonte, zeichnet sich das Handwerk des „professionellen Komponisten“ gerade dadurch aus, dass es nicht auf das improvisatorische Ausprobieren „am Klavier“ angewiesen sei, sondern dies vielmehr eine Energieverschwendung sei und den kreativen Intellekt mehr verwirre als anrege. Auch in seinem Kompositionsunterricht an der Hamline University in Minnesota legte Krenek dementsprechend großen Wert auf das schöpferische Arbeiten seiner Studierenden im Raum musikalischer Vorstellungskraft.
Dieses Hören im Kopf hat jedenfalls bei beiden Werken – so unterschiedlich sie auch hinsichtlich ihrer oberflächlich-ästhetischen Klangeindrücke auch sein mögen – zu höchster Individualität und Originalität geführt.

Logische Konstruktion und Wärme des Ausdrucks
Krenek schrieb sein 7. Streichquartett in den kalten Wintermonaten 1943/44 in Minneapolis, als er Leiter des Musik-Departments der Hamline University war. In dieser Zeit entwickelte Krenek seinen eigenen Umgang mit der am Beispiel der Werke Schönbergs und seines Schülerkreises entwickelten Zwölftonkomposition weiter. Inspiriert wurde er dazu einerseits von der seiner Lehrtätigkeit geschuldeten Auseinandersetzung mit der Kontrapunktik der Renaissancemusik und andererseits vom Bedürfnis die methodische Strenge des Komponierens mit Zwölftonreihen zugunsten größerer Freiheit und Ausdrucksfähigkeit aufzulockern. Ohne die strukturierenden Qualitäten der Reihen-Prinzipien aufgeben zu müssen, fand er die gesuchte Flexibilität in einer Segmentierung der Zwölftonreihen. In der zu Glenn Goulds Lieblingskompositionen zählenden 3. Klaviersonate formte Krenek sein musikalisches Material aus einer Zweiteilung der Zwölftonreihen – in seinem 7. Streichquartett ging er noch einen Schritt weiter. Selbst wenn die „Keimzelle“ seines Quartetts eine Zwölftonreihe ist (d – a – gis – cis – h – dis – fis – c – b – g – e – f), kommt sie in dieser Basisform nie zum Einsatz: Die Reihe wird in vier Dreitonmotive geteilt, deren Anzahl durch Rotationen der Reihentöne und andere Permutationen zu einer Fülle von miteinander verwandten Motiven erweitert wird. Dies erlaubt eine äußerst expressive Freiheit in der Gestaltung der Themen trotz einer gleichzeitig sehr kompakten, handwerklich präzise strukturierten Form, die alle fünf Sätze des Werks miteinander in Beziehung hält. Der mitunter zur harschen Selbstkritik neigende Krenek schätzte gerade diese Qualitäten an diesem Werk: „Ich finde, dass im Siebenten Quartett jenes Gleichgewicht von logischer
Konstruktion und Elastizität, von Genauigkeit der Arbeit und Wärme des Ausdrucks, wie ich es während meiner ganzen Laufbahn angestrebt hatte, erzielt ist.“ (Selbstdarstellung, 1948)

Wie schon in früheren Werken übernahm Krenek von Beethovens Streichquartett op. 131 das Prinzip der ohne Unterbrechung aneinandergereihten und ineinander übergehenden Sätze. Zwei kontrastierende Themen werden gleich zu Beginn vorgestellt und im Verlauf des ersten Satzes weiterentwickelt. Das zweite dieser Themen bestimmt den lyrisch-expressiven Charakter des zweiten Satzes. Größte Dichte wird im zentralen dritten Satz erreicht: eine kunstvolle Fuge gebildet aus drei Themen, die alle aus vorangehenden Themen entwickelt wurden und im Lauf der Fuge sowohl in Grundform als auch in invertierter Form erklingen und am Ende des Satzes zu einem dramatischen Höhepunkt vereint werden. Der vierte Satz bildet eine beruhigende Überleitung zum finalen fünften Satz, der in Form eines Rondos Themen der vorangehenden Sätze aufgreift und dem Werk dadurch eine zyklische Gestalt verleiht.
Bei der großen persönlichen Wertschätzung, die Krenek für dieses Werk hatte, scheint die Widmung mehr als eine bloß formelle Geste der Zueignung zu enthalten: Dedicated in Gratitude to the Vivifying Spirit of my American Students.

Nicht für Esel
Als erstes der Gruppe der sogenannten Späten Streichquartette erweist sich Beethovens op. 127 als das traditionellste dieser Werke, die für ihre wegweisende und zeitgenössische Hörer herausfordernde Modernität schon früh einen berühmt-berüchtigten Ruf im Repertoire der klassisch-romantischen Kammermusik erhalten haben. Das Streichquartett in Es-Dur entstand vorwiegend im Jahr 1824 nach einem Auftrag des in Wien lebenden russischen Fürsten Nikolai Golizyn, Skizzen reichen aber bis ins Jahr 1822 zurück. Sie zeigen, dass Beethoven bereits in diesem Werk zumindest mit dem Gedanken spielte, die traditionelle viersätzige Form zu sprengen. Aber letztlich beließ er es bei der Satzfolge Schnell – Langsam (Variationen) – Scherzo – Schnell, wie er es beispielsweise schon 20 Jahre zuvor in seinen Symphonien verwendet hat.
Die konventionelle Anlage erweist sich allerdings als nur äußerer Rahmen einer Musik, die in ihren Ansprüchen durchaus an die Grenzen der zeitgenössischen Hörgewohnheiten reichte. Schon im Vorfeld der Uraufführung sorgte sich Beethoven, ob den Wienern sein neuestes Werk gefallen werde. Ignaz Schuppanzigh, erster Geiger des uraufführenden Streichquartetts, wollte diese Sorgen Beethovens zerstreuen. Die Konversationshefte Beethovens, die als unschätzbare historische Quelle zumindest einen Teil seiner Gespräche erhalten haben, überliefern Schuppanzighs Worte über jenen Teil des Publikums, die Beethovens anspruchsvolle Musik ablehnen würden: „Das ist doch nur eine kleine Anzahl Esel, die sich lächerlich machen.“ Und er legt mit der herzhaften Profanität des 18. Jahrhunderts noch die Empfehlung nach: „Scheiß er sie voll.“ (Das Gespräch mit Beethoven dürfte danach eine Wendung genommen haben – der nächste Eintrag lautet: „Diese Mehlspeis läßt sich nicht so geschwind zu Haus machen.“)
Nach einem Bericht der Uraufführung in der Allgemeinen Musikalischen Zeitung vom März 1825, war die Meinung des Publikums „getheilt“. Dazu dürfte auch die – zeitgenössischen Berichten zufolge – mangelhafte Ausführung Schuppanzighs beigetragen haben. Spätere Aufführungen mit anderen Geigern und Streichquartetten konnten die große Qualität der Komposition besser zur Geltung bringen, und das Werk fand recht bald Bewunderer. Das lyrisch-kantable Adagio des zweiten Satzes wurde in einer Bearbeitung für Gesang bei Beethovens Begräbnisfeier gespielt.

Wie eingangs dargelegt, gehörte zu den Bewunderern Beethovens auch Krenek. Zwar hatte sein kompositorischer Weg nach der Phase freier Zwölfkomposition, auf deren Höhepunkt das 7. Streichquartett entstanden ist, zur konstruktiven Strenge des Serialismus gefunden, von wo aus Krenek „in der klassischen Logik emotionell motivierter Klangstrukturen keine Modelle mehr erblicken“ konnte. Was ihm aber auch in dieser Phase in der Beschäftigung mit Beethovens Streichquartetten blieb, und sicher seine ungebrochene Wertschätzung dieser Musik zum Ausdruck bringt, ist „ein Gefühl für die Dignität des Komponierens als einer Manifestation der einfachen Menschenwürde.“ (Zu Beethovens Streichquartetten, Radiosendung für den WDR, 1977)

Clemens Zoidl

Minetti Quartett

Maria Ehmer, Violine
Anna Knopp, Violine
Milan Milojicic, Viola
Leonhard Roczek, Violoncello

Seit seiner Nominierung für den „Rising Stars“ Zyklus der „European Concert Hall Organisation“ 2008/09 konzertiert das Minetti Quartett wiederholt in den renommiertesten Konzertsälen in Wien, Berlin, Köln, Amsterdam, Barcelona, Stockholm, Brüssel, London etc. Einladungen zu berühmten Kammermusikfestivals führten das Quartett auch nach Nord-, Mittel- und Südamerika, nach Australien, Japan und China. Viele Konzerte werden von internationalen Radio-Stationen aufgezeichnet und gesendet.

Der Name „Minetti Quartett“ bezieht sich auf ein Schauspiel des Schriftstellers Thomas Bernhard, der in Ohlsdorf im Salzkammergut lebte, wo auch die beiden Geigerinnen des Quartetts aufwuchsen.

Kammermusikpartner sind u. a. Fazil Say, Till Fellner, Jörg Widmann, Paul Meyer, Sharon Kam, Thomas Riebl, István Vardai, Camille Thomas, Alois Posch, Solisten der Wiener und Berliner Philharmoniker und das Mandelring Quartett. Solistisch trat das Quartett mit dem RSO-Wien und dem Brucknerorchester Linz auf.

Das Minetti Quartett ist Gewinner zahlreicher internationaler Kammermusik-Wettbewerbe (Schubert-Wettbewerb, Haydn-Wettbewerb) und erhielt auch den österreichischen „Großer Gradus ad Parnassum Preis“, das Startstipendium des österreichischen Bundesministeriums sowie das Karajan-Stipendium.

Die Österreichische Nationalbank stellt dem Quartett 2 Violinen von G. B. Guadagnini („Mantegazza“ 1774 und die „ex Meinel“, 1770-1775) und ein Violoncello von G. Tononi (Bologna, 1681) leihweise zur Verfügung. Milan Milojicic spielt auf einer Viola von Bernd Hiller (2009).

www.minettiquartett.at

Zu guter Letzt...

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