Aus Lothar Knessls Führer durch Ernst Kreneks Bühnenwerke

Die Zwingburg

Szenische Kantate in einem Akt, op. 14 (1922)

Text
Fritz Demuth, bearbeitet von Franz Werfel


Verlag / Rechte
Universal Edition
LM / KA UE 7407 / TB UE 7408


Dauer
55 Minuten


Uraufführung
20. Oktober 1924
Staatsoper Berlin

D Erich Kleiber
R Franz Ludwig Hoerth
B Emil Pirchan


Aufführungen
„Oper am Klavier“, Opernhaus Düsseldorf (2005), Jugendstiltheater Wien (gemeinsam mit Der Diktator, 1999), Theater Bielefeld (gemeinsam mit Ausgerechnet und verspielt, 1990), Teatro di Comunale Firenze, Florenz (1964)


Aufzeichnungen
1999, Mitschnitt netzzeit (unveröffentlicht): D Matthias Fletzberger; Die Österreichischen Kammersymphoniker; Leiermann: Georg Lehner, Ausrufer: Vittorio Giammarrusco, Der Mann: Roman Sadnik, Die Frau: Caroline Merz, Der Ausgezehrte: Gernot Kranner, Der Bergarbeiter: Tobias Cambensy, Der Trinker: Ernst Hruska


Besetzung
Leiermann (Bar), Ausrufer (T), Der Mann (T), Die Frau (S), Der Ausgezehrte (T), Der Bergarbeiter (T), Der Trinker (B)
Männer und Frauen, Spießgesellen des Trinkers, Arbeiter etc. (Chor)
3.2.4.3 – 4.3.3.1 – Timp, Perc – Str
Bühne: 2 Trp, 2 Pos


Themenkreise
Tyrannei / Freiheitsbegehren / Scheitern
Individuum / Masse


Entstehung
Die Zwingburg ist Kreneks erste Oper, die unter maßgeblichem Einfluss von Ferruccio Busonis Operntheorie und –ästhetik entstand und dem epischen Musiktheater zugerechnet werden kann (lange, bevor Brecht es praktizierte). Das Libretto stammt in der Urfassung von Kreneks Freund, dem Berliner Arzt Dr. Fritz Demuth, und wurde dann von Franz Werfel überarbeitet.  Demuth verfasste den Text unter dem Einfluss der Stücke Ernst Tollers (Masse Mensch, Die Maschinenstürmer), der als ehemaliges Mitglied der Münchener Räteregierung zu fünf Jahren Haft wegen Hochverrats verurteilt worden war.


Zeit und Ort der Handlung
Zu keiner bestimmten Zeit, an keinem bestimmten Ort


Inhalt
Arbeiterinnen und Arbeiter schuften in der Burg – eine symbolische Fabrik – für einen unbekannten Unterdrücker. Als der Leiermann, der dazu verdammt ist, mit seinem Spiel die Tyrannei aufrecht zu erhalten, eines Tages aussetzt, bricht eine Revolution aus. Zunächst scheint sie erfolgreich, da der Leiermann gefesselt ist. Sein Spiel, damit die Unterdrückung, ist gebannt. Die ungewohnte Freiheit macht das Volk übermütig, es befreit auch den Leiermann, der vergeblich davor warnt. Er muss sein Spiel wieder aufnehmen, die Revolution scheitert, die alte Tyrannei kehrt zurück: „Im Nacken hackt, die Glieder packt, im Kreis peitscht uns der alte Takt.“


Musik
Im Mittelpunkt steht ein Leiermann, der mit seiner wuchtig blockartigen Musik den Rhythmus eines Zwangssystems bestimmt, nach welchem die Werktätigen arbeiten müssen. Der Leiermann revoltiert dagegen und weigert sich, weiter den unterdrückenden Takt zu schlagen. Er ist der große mystische Einzelne, der sich für die Menschheit, für die gerechte Sache opfert, eine typisch expressionistische Figur. Die Revolte schlägt letztlich fehl. Der Leiermann muss wieder den Takt der Unterdrückung vorgeben. Wieder herrscht der mächtig dumpfe Maschinenrhythmus…
(Nach: Thomas Mense, Ernst Krenek, Die Zwingburg)


Resümee
Bereits in dieser frühen Oper kommen Kreneks zentrale Opernthemen zum Tragen: Freiheit, Rechtfertigung und Zeit. Eine dramatische Geschichte mit abwechslungsreicher Musik.

 


Im Spiegel der Presse

Zur Aufführung im Jugendstiltheater Wien
Der Merker
Februar 1999, 10. Jahrgang Nr. 106, I.M.S.
Die Musik dazu bringt harten Sprechgesang in extremen Lagen und eine dichte und scharfe orchestrale Basis, die zeitweise aber durchaus in weitgeschwungene Kantabilität ausbricht.

Zur Aufführung am Theater Bielefeld
Das Orchester
Februar 1991, Elmar Krekeler
Krenek hat sich hier aus Schrekers Schlagschatten förmlich herausgeschrieben … zur Zeitoper, einer „epischen Oper“, wie er sie sich vorstellte.
 

 

Weiterführende Literatur

Peter Tregear, Revolution in der Oper. „Die Zwingburg“ und „Der Sprung über den Schatten“, in: „Der zauberhafte, aber schwierige Beruf des Opernschreibens“. Das Musiktheater Ernst Kreneks, Claudia Maurer Zenck (Hg.), Ernst Krenek Studien Bd. 2, Edition Argus, Schliengen 2006, S. 31–44

Pieter Bergé, Der Einfluss von Busonis Opernästhetik auf die sogenannten „Zeitopern“ Ernst Kreneks, in: Revue Belge de Musicologie LIX, 59 (2005), S. 205–218

Thomas Mense, Ernst Krenek. Die Zwingburg, in: Entartet. Verdrängt, Vergessen. Bielefelds Oper erhebt Einspruch. 1980–1993, Westfalen Verlag, Bielefeld 1993, S. 65–69

Wolfgang Rogge, Ernst Kreneks Opern, Vera Verlag, 1970, S. 8–16

Back to Top