Aus Lothar Knessls Führer durch Ernst Kreneks Bühnenwerke

Das geheime Königreich

Märchenoper in einem Akt, op. 50 (1926/27)

Text
Ernst Krenek


Verlag / Rechte
Universal Edition
LM / KA UE 9476 / TB UE 9477 / TB UE 9535 (mit op. 49 und op. 55)


Dauer
55 Minuten


Uraufführung
6. Mai 1928
Hessisches Staatstheater Wiesbaden
zusammen mit „Der Diktator“, op. 49 und „Schwergewicht oder Die Ehre der Nation“, op. 55

D Joseph Rosenstock
R G.T. Buchholz


Aufführungen
Semperoper Dresden, Semper 2 (2012), Festival della Valle d’Itria Martina Franca und Theater Lübeck (Gemeinschaftsproduktion 2011, 2012), Staatstheater Kassel (2009), Hochschule für Musik und Theater Hamburg (2004), Theater Erfurt, Studio (kammermusikalische Fassung von Rainer Schottstädt, 2003), Kölner Oper, Kinderoper in der Yakulthalle (Fassung von Elke Heidenreich / Rainer Schottstädt, 2002), Jugendstiltheater Wien (Ernst-Krenek-Tage, 1999), Messepalast Wien, Halle B (Koproduktion Wiener Festwochen, Schwetzinger Festspiele, Staatstheater Stuttgart, 1990)


Aufzeichnungen
2004, Capriccio 60107: Ernst Krenek, The 3 Opera Set. „Der Diktator“, „Das geheime Königreich“, „Schwergewicht oder die Ehre der Nation“; D Marek Janowski, Deutsches Symphonieorchester Berlin; Königin: Claudia Barainsky, König: Michael Kraus, Narr: Urban Malmberg, Der Rebell: Pär Lindskog u.a.


Besetzung
König (Bar), Königin (KS), Narr (Bar), Rebell (T), drei Damen (S, MS, A), 2 Revolutionäre (TB, BB), Wächter (T)
Chor – Ballett – 2.2.2.2 -1.1.1.0 – Timp, Perc – Str
Bühne: Perc, Banjo oder Mandoline

Auch in einer Fassung für Kammerorchester von Rainer Schottstädt (2002), UE 32873, SP UE 32608


Themenkreise
Ruhm / Macht / Erfolg
Rückzug in die Natur
auch als Kinderoper geeignet


Entstehung
Krenek komponierte in den Jahren 1926/27 drei Operneinakter, die oftmals kombiniert werden: „Der Diktator“, op. 49, „Das geheime Königreich“, op. 50 und „Das Schwergewicht oder Die Ehre der Nation“, op. 55.


Zeit und Ort der Handlung
Märchenland


Inhalt      
Das rebellierende Volk will den König stürzen. Dieser ist ohnedies amtsmüde. Er sucht Rat bei seinem Narren, der ihm ein Rätsel stellt. Die Lösung ist allerdings nicht wie vermutet die Krone, des Königs Kraftquelle.
Also überlässt er sie dem Narren. – Die Königin, entflammt für einen Rebellen, verachtet den König. Es gelingt ihr, die Krone dem Narren abspenstig zu machen, die nun der Rebell für sich reklamiert. Das Volk stürmt das Schloss, Narr, Königin und König, dieser in der Narrenkleidung, fliehen.
Der Rebell plant, die geflüchtete Königin zu töten, um sich der Krone zu bemächtigen. Es gelingt ihr zwar letztlich, ihn zu verführen, sie aber wird in einen Baum verwandelt. – Der verzweifelt umherirrende König, noch in Narrenkleidung, und der Narr treffen auf zwei Revolutionäre, die den König zu töten beabsichtigen. Er gibt sich ihnen zu erkennen, aber man glaubt ihm nicht. Um sich für sein Volk zu opfern, will er sich an einem Baum erhängen. Wunderbarer Weise spricht aus diesem Baum die Stimme der Königin. Sie bereut ihre Tat und offenbart dem König die ihm bislang verborgene Schönheit seines Reiches. Damit ist das vom Narren gestellte Rätsel gelöst: die (innere) Natur, gespiegelt im Auge eines Tieres. – Der Narr verabschiedet sich vom Publikum: man habe ein kleines Märchenspiel geboten, ein wenig zum Nachdenken.


Musik
Kompositorisch differenzierter [als „Der Diktator“] wirkt „Das geheime Königreich“, eher kammermusikalisch instrumentiert, mit einigen impressionistischen Andeutungen durchzogen. Die Musik, fallweise romantisch kadenzierend, erreicht an dramatischen Höhepunkten oft auch wieder eindeutig definierbare Tonarten. Das Personal ähnelt – vermutlich Ironie – einer Readers-digest-Version der Zauberflöte (König: gut, hier aber schwach; Königin: Koloraturen singend, böse; drei Damen: ambivalent; Narr: gleicht Papageno), emulgiert mit Daphne (unter vertauschten Vorzeichen) und zwei von Verdi übernommene Figuren Shakespeares (Bardolph, Pistol; sogar die Stimmlagen stimmen überein). […] Will man […] eingeflossene ironische Elemente aufspüren, deklarieren sie sich vor allem in den auf Äußerlichkeit zielenden Koloraturen der Königin, weiters in der tangoähnlichen Tanzszene, im (pseudoprimitiven) Trinklied und einigen anderen spielerisch gefärbten Episoden.     
Aus: Lothar Knessl, Im Sog des „Jonny“-Erfolgs. Drei Krenek-Einakter im Messepalast


Resümee
Die Oper ist vor allem für kleine Bühnen prädestiniert, spricht durch die abwechslungsreiche Musik ein breites Publikum an, eine ironisierende Inszenierung scheint dem Werk mehr zu entsprechen als eine nur märchenhafte.

 


Im Spiegel der Presse

Rezensionen zur Aufführung an der Semperoper Dresden
Süddeutsche Zeitung
23.10.2012, Helmut Mauró
Die Erkenntnis, dass es keinen guten König geben kann, ist der gleicher-maßen verborgene und doch immer wieder durchschimmernde Kern dieser Märchenoper.

Deutsche Bühne (Online)
23.10.2012, Barbara Eckle
An der stimmlich so markanten Stereotypisierung erkennt man an dieser Oper im Miniformat – perfekt für die kleine Nebenbühne der Semperoper –, dass Humor und Ernst sich in Kreneks Das geheime Königreich die Waage halten sollten.

Rezensionen zur Aufführung am Theater Lübeck
Die Welt
5.3.2012, Lutz Lesle
Tatsächlich bestechen ihre musikalische Eloquenz und ihr szenisch bedingter Einsatz unterschiedlicher Idiome, changierend zwischen närrischem Tango und spitzen Koloraturen, ödem Marschrhythmus und traumseliger Melodik, Stimmengetümmel und kammermusikalischen Momenten.

Deutschlandradio Kultur
2.3.2012, Bernhard Doppler
Ein intellektuelles und musikalisches Feuerwerk! Ambitionierte Musik der 20er Jahre und dennoch äußerst publikumswirksam.

Frankfurter Allgemeine Zeitung
30./31.10.2004, Ulrich Schreiber, CD-Rezension
Krenek bleibt auch in diesem Stück ein vor dem selbst erfundenen Stoff distanzierter Komponist […] So grundiert ein Tango leicht verfremdend die Szene, wenn drei Damen der Königin dem Narren die Krone abzulisten versuchen. Ein Choral färbt, wie in Mussorgskys Boris Godunow, den Auftritt der Revolutionäre. […] Scherz, Satire und Ironie sind hier einer Musik eingelagert, die nie vor ihrer tieferen Bedeutung ins Schwitzen gerät.

 

Weiterführende Literatur

Elke Heidenreich und Christian Schuller, Das geheime Königreich. Oper für Kinder, Kiepenheuer&Witsch, Köln 2007

Lothar Knessl, Im Sog des „Jonny“-Erfolgs. Drei Krenek-Einakter im Messepalast, in: Österreichische Musikzeitschrift, 45:5 (Mai 1990), S. 234–236

 Wolfgang Ruf, Kreneks drei Einakter von 1928, in: Otto Kolleritsch (Hg.), Ernst Krenek, Studien zur Wertungs-forschung, Bd. 15., Universal Edition, Wien 1982, S. 133–143
Ernst Krenek, Meine drei Einakter, in: Anbruch, 10:5 (Mai 1928), S. 158–161

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